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Geltungsbereich

Kartellrecht

Submissionskartelle

Allgemein

Anbieterinnen sind im jeweils ausgeschrieben Markt Konkurrentinnen. Die Vergabestelle soll aus allen Angeboten das vorteilhafteste auswählen. Dies ist nur möglich, wenn die Anbieterinnen ihre Angebote autonom erarbeiten und sich nicht untereinander absprechen.

Wenn Konkurrentinnen Preise, Mengen, Gebiete und Kunden absprechen oder sich diesbezüglich abstimmen, liegt ein Submissionskartell vor, das vermutungsweise den wirksamen Wettbewerb beseitigt (Art. 5 Abs. 3 KG). Submissionskartelle unterlaufen die Ziele des wirksamen Wettbewerbs im Allgemeinen und des Beschaffungsrechts im Besonderen. Sie sind volkswirtschaftlich schädlich und werden streng sanktioniert (Art. 49a Abs. 1 KG). Vielerorts (z.B. in den USA oder Deutschland) werden Teilnehmende an Submissionskartellen strafrechtlich verfolgt («Submissionsbetrug»).

Bereits wenn sich z.B. Verbandsmitglieder gegenseitig über ihre Offerten informieren und ihr Verhalten nach den erhaltenen Informationen abstimmen, kann ein Submissionskartell vorliegen. Eine schriftliche Vereinbarung wird nicht vorausgesetzt. Die WEKO geht rasch von einer Wettbewerbsabrede oder abgestimmten Verhaltensweise aus, wenn zwischen Konkurrentinnen ein Informationsaustausch stattfindet.

Ausprägungen

Mengen-, Gebiets- und Kundenabsprache: Die Anbieterinnen vereinbaren zugunsten einer Konkurrentin, bei einer bestimmten Beschaffung, bei Beschaffungen in bestimmten Gebieten oder einzelnen Vergabestellen nicht anzubieten (Mengen- / Gebiets- / Kundenabsprache). Oder die Konkurrentinnen vereinbaren, bei bestimmten Beschaffungen solle periodisch eine andere Konkurrentin zum Zuge kommen (sog. Rotationskartell).

Preis- und Konditionenabsprache: Die Konkurrentinnen bieten an, vereinbaren aber, wer den Zuschlag erhalten soll. Die Anbieterinnen reichen Offerten mit bewusst hohen Preisen ein, so dass das Angebot der von ihnen «ausgewählten» Anbieterin als das günstigste erscheint (sog. Schutzofferten; Preisabsprache). Anbieterinnen vereinbaren, den Angebotspreis hochzuhalten, indem z.B. ein bestimmter Angebotspreis nicht unterschritten werden soll (Preisabsprache). Oder Anbieterinnen vereinbaren, dass gegenüber der Vergabestelle bestimmte Vertragskonditionen verlangt werden (Konditionenkartell).

Bietergemeinschaften: Ob Bieter- oder Arbeitsgemeinschaften (Konsortien) Submissionskartelle darstellen, muss im Einzelfall beurteilt werden. Schliessen sich mehrere Anbieterinnen zu einer Bieter- oder Arbeitsgemeinschaft zusammen, weil sie für eine bestimmte Beschaffung nur zusammen anbieten können, ist zu prüfen, ob dies allenfalls aus wirtschaftlichen Effizienzgründen gerechtfertigt ist (Art. 5 Abs. 2 KG).

Beschaffungsrechtliche Sanktionen

Teilnehmer eines Submissionskartells werden vom Vergabeverfahren ausgeschlossen, aus Verzeichnissen gestrichen, oder ein bereits erteilter Zuschlag wird widerrufen (Art. 44 BöB / IVöB. Zudem können sie für bis zu fünf Jahren von künftigen öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden, was wirtschaftlich besonders schmerzhaft ist (Art. 45 BöB / IVöB) Ein Beschaffungsvertrag, der aufgrund eines Submissionskartells geschlossen wird, ist nichtig / teilnichtig.

Die Vergabestelle und allenfalls auch im Wettbewerb durch die Submissionsabsprache unzulässig behinderte Mitanbieterinnen können Schadenersatzansprüche geltend machen.

Nachfragemacht

Kann sich eine Vergabestelle auf dem Markt, für den sie eine Beschaffung tätigt, in wesentlichem Umfang unabhängig von den Anbieterinnen verhalten, so ist sie unter Umständen als Nachfragerin marktbeherrschend (sog. nachfragemächtig; Art. 4 Abs. 2 KG). Diesfalls kann sie z.B. Vertragsbedingungen einseitig gegenüber den Anbieterinnen durchsetzen, da den Anbieterinnen auf einem bestimmten sachlichen und räumlichen Markt eine wirtschaftlich zumutbare Alternative fehlt.

Eine nachfragemächtige Vergabestelle darf ihre Marktmacht gegenüber den Anbieterinnen nicht missbrauchen (Art. 7 KG). Der Missbrauch der Nachfragemacht ist mit hohen Sanktionen bedroht (Art. 49a Abs. 1 KG).

Nachfragemächtige Vergabestellen müssen darauf achten, die Submissionsbedingungen fair und sachlich zu formulieren und Zuschläge diskriminierungsfrei zu erteilen. Art. 7 Abs. 2 KG nennt beispielhaft typische Verhaltensweisen, welche als missbräuchlich gelten, sofern sie nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt sind. Den Vergabestellen wird empfohlen, sich bei der Formulierung der Submissionsbedingungen und bei der Erteilung von Zuschlägen an Art. 7 KG zu orientieren. Ob eine Vergabestelle ihre Nachfragemacht missbraucht, muss im Einzelfall untersucht werden.